24.07.2007 - Osnabrück

Komma 99

Osnabrücker Taxikrieg schlägt Wellen

Im Spätsommer 2006 startete, was am vergangenen Freitag einen neuen Höhepunkt erreichte: Der sogenannte Osnabrücker Taxikrieg.

Taxi-Aktion

IG-Sprecher Hermes stellt den Aufkleber “Für fairen Wettbewerb!” vor

Nachdem die bekannte Groß-Razzia vom Mai 2000 das Osnabrücker Taxigewerbe in die Schlagzeilen brachte und zum Synonym für Schwarzarbeit im Taxigewerbe wurde, wird jetzt eine Konfrontation zwischen Taxen und Mietwagen in der Öffentlichkeit ausgetragen. Mit einem aggressiven Preiskampf versuchen zwei Mietwagenzentralen mit inzwischen etwa 40 Fahrzeugen, Marktanteile zu Lasten der Taxen zu gewinnen.

Anders als beispielsweise in Oldenburg wird der Preiskampf mit plakativer Werbung ausgeführt. Publikumswirksame Aufkleber mit 0,99 Euro Kilometerpreis und Festpreisen für Kurzstrecken sind allerorten zu finden. Selbst für Fahrten zum Flughafen Münster/Osnabrück wird hinter dem Komma die aus dem Supermarkt bekannte 99 eingesetzt.

Mietwagen griffen während des Betriebs vorwiegend auf unlautere Mittel zurück, so die Taxiunternehmer. Vor allem massive Verstöße gegen die Rückkehrpflicht werden der Billig-Konkurrenz angekreidet. Zudem ist vielen ein Dorn im Auge, daß Mietwagen mit einer Ordnungsnummer im Heckfenster versehen sind. Daß ein Teil der Fahrten mit Fahrzeugen durchgeführt wird, die im benachbarten Landkreis beheimatet sind und über eine Mischkonzession verfügen, macht die Angelegenheit noch unübersichtlicher.

Mietwagen in Osnabrück

Die ungeliebte Konkurrenz bietet zur gleichen Zeit Anschauungsmaterial frei Haus

Obwohl nur alternativ als Taxi oder Mietwagen einsetzbar, soll mit diesen Fahrzeugen Taxiverkehr zu Mietwagenkonditionen betrieben werden. Das berichteten Vertreter der Funk-Taxi-Zentrale e.G. und der Interessengemeinschaft Osnabrücker Taxifahrer, die sich federführend im Kampf gegen die Mietwageninvasion betätigen, am Freitag auf einer Pressekonferenz.

Große Kritik wurde an GVN-Bezirksgeschäftsführer Ulrich Hoefner geübt. Dem Verband und insbesondere Hoefner wurde vorgeworfen, nicht konsequent genug für die Taxen tätig zu sein und damit die Mietwagenkonkurrenz zu fördern. Seine Tage zuvor von der Neuen OZ verbreitete Aussage, ihm sei zugetragen worden, daß eine neue Kontrolle wie im Jahre 2000 ein ähnliches Ergebnis wie seinerzeit zur Folge hätte, sorgte für erhitzte Gemüter. Er suggeriere durch seine Aussagen zudem, daß die Mietwagenkonkurrenz im Gegensatz zu den Taxen sauber arbeiten würde.

Es wurde bekannt gegeben, daß im unmittelbaren Vorfeld der Pressekonferenz eine größere Anzahl an beeideten Abmahnungen gegen Mietwagenbetreiber ergingen. Gegenstand der Abmahnungen sind Verstöße gegen den § 49 Abs. 4 - die Rückkehrpflicht von Mietwagen. Es erfolgte eine Fristsetzung bis zum Monatsende. Mit einer Unterzeichnung der beigefügten Unterlassungserklärungen rechne man aber nicht, so IG-Sprecher Gerd Hermes. Weitere Meldungen dürften also garantiert sein.

Das Taxigewerbe als ungeliebtes Kind der Stadt Osnabrück? Zwei Verkehrsschilder in der Innenstadt sagen zu diesem Thema mehr als viele Worte.

Busse bitte Motor abstellen

Laufenlassen der Motoren für Taxen verboten

Liebe Busse - böse Taxen. Taxifahrer fragen sich, warum bei Zuwiderhandlung nicht gleich mit dem Entzug der Konzession gedroht wird.

Hermes und seine Kollegen binden die Öffentlichkeit ungewöhnlich intensiv in ihre Interessen ein. Neben den Osnabrücker Lokalzeitungen berichteten inzwischen, nicht zuletzt auch als Ergebnis der Pressekonferenz vom Freitag, auch die taz, der Weserkurier sowie diverse Radiosender über das Thema und sorgen für Breitenwirkung. Im Juni hatten schon die 18 Oberbürgermeister Niedersachsens in einer Eingabe das zuständige Wirtschaftsministerium aufgefordert, "endlich die unseriösen Machenschaften vieler Mietwagenbetreiber zu unterbinden und Exempel zu statuieren." Auch auf die ausführliche Berichterstattung hin ließ sich ein erster kleiner Erfolg für die Taxifahrer verbuchen:  Nach einem Zeitungsartikel mit dem Titel "Halb Taxi - halb Mietwagen" wurde von einigen Autos der dort angesprochenen Zentrale das Taxischild abmontiert. Für weitere Publicity dürfte auch die Aufkleberaktion "Für fairen Wettbewerb! - www.taxikrieg.de" sorgen, die am Freitag gestartet wurde. Trotz der martialischen Wortwahl für die Domain wurde deutlich gemacht, daß man keine Eskalation im Sinne platter Reifen wünsche.
jr


Kommentar:

Der erste Stein

Wer der Meinung ist, dass das Taxigewerbe eine ziemlich unchristliche Angelegenheit sei, liegt damit gar nicht so schlecht: Neid, Missgunst, Lug, Betrug oder etwa Maßlosigkeit sind Merkmale, die im täglichen Straßenkampf lebensnotwendig scheinen.

Wer außerdem glaubt, dass diese vermeintlichen Gesetzmäßigkeiten im Leben eines Taxifahrers überall in Deutschland ihre Anwendung finden, trifft damit sogar den Nagel auf den Kopf: München, Hamburg, Oldenburg und nun mal wieder Osnabrück - das Personenbeförderungsgewerbe bekämpft sich intern und lässt die Öffentlichkeit darüber nicht im Unklaren. Negativschlagzeilen beherrschen die Berichterstattung. Und wieder einmal steht dieser Tage das Osnabrücker Taxigewerbe im Brennpunkt des Geschehens: Taxikrieg heißt das Schlagwort.

Nun, für einen Krieg braucht man Waffen. Und irgendwie scheint es, als habe sich die Interessengemeinschaft Osnabrücker Taxifahrer hierfür einen dicken, fetten Stein als Waffe ausgesucht. Es könnte der Stein sein, der alles ins Rollen bringt. Es könnte aber auch der Stein sein, und damit sind wir wieder bei der christlichen Mythologie, den David benutzt haben soll, um Goliath zu erlegen. Aber möglicherweise soll es auch nur der sogenannte erste Stein sein, den derjenige werfen soll, der ohne Schuld ist ...

Die beteiligten Osnabrücker Taxifahrer wissen, auf was sie sich eingelassen haben. Sie zielen nicht nur auf die Mietwagenbetriebe, sie zielen auch auf die Stadtverwaltung, der sie Untätigkeit und möglicherweise Schlimmeres vorwerfen. Sie suchen den Weg in die Öffentlichkeit, um Druck auszuüben. Legitim.

Schluss mit der Mauschelei, dem großzügigen Drüberhinwegsehen, dem Stillschweigen. In diesem Fall: Schluss mit illegaler Bereitstellung und unlauterem Wettbewerb der Mietwagen!

Es kommen vielleicht Dinge ans Tageslicht, die manchem Beteiligten Kopf und Kragen kosten könnten.

Ein dadurch bevorstehender Existenzkampf wird Gegendruck erzeugen. Und es wäre naiv zu glauben, dass die Gegenseite bei der Wahl der Waffen zimperlich sein wird.

Die Interessengemeinschaft Osnabrücker Taxifahrer weiß, dass ihre Attacke nur erfolgreich sein kann, wenn sie in einer blütenweißen Weste vorgetragen wird. Ansonsten holt man sich unweigerlich blutige Nasen.

Diese blütenweiße Weste können und konnten beispielsweise Oldenburger Taxifahrer in ihrer Gesamtheit nie vorweisen. Die Folge ist eine Pattsituation vor Ort, die für alle Beteiligten unbefriedigend ist und die diejenigen Personenbeförderer belastet, die ihre Arbeit sauber verrichten.

Blutige Nasen? Ja, die gab es auch in Oldenburg reichlich!

gl



Link zum Thema:

www.taxikrieg.de - Die Site der IG Osnabrücker Taxifahrer

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