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Der Null-Euro-Job

AnnÀhernd 5 Millionen Arbeitslose, Hartz IV, Mindestlohndebatte, Neuwahlen und Ein-Euro-Job.

Themen, die die Bundesrepublik in den letzten Monaten bewegt haben und auch weiterhin fĂŒr GesprĂ€chsstoff sorgen werden.
 
Doch gerade beim Ein-Euro-Job wird deutlich, wie schnell dieser Begriff salonfĂ€hig geworden ist. Dachte man in diesen niedrigsten Dimensionen bisher (leider) eher an den polnischen Erntehelfer, der auf deutschen Spargelfeldern malocht, fĂŒhrten uns in den vergangenen Wochen die „MĂ€nner mit den Warnwesten“ auf dem Waffenplatz unmittelbar vor Augen, was es heißt, fĂŒr einen Euro pro Stunde zu arbeiten. Sie standen direkt neben uns. Und wir sahen ihnen zu, wie sie ihre Runden drehten und den Renaissance Garten bewachten.
 
Hat da jemand gegrinst? Hat da etwa noch jemand gedacht: „Mensch, die arme Sau da drĂŒben?“ Ich glaube nicht! Denn mittlerweile reden wir im Oldenburger Taxigewerbe von noch niedrigeren Löhnen. Noch niedriger? Jawohl! Nennen wir es den Null-Euro-Job! Die Rechnung ist ganz einfach: 20.00 Uhr angefangen. Bis 22.00 Uhr keine Tour. Trotzdem Hunger. Pizza mit minimalstem Belag kostet 5 EUR. Um 22.45 Uhr am Marktplatz besetzt Richtung Nadorst macht 6,40 EUR plus 1,60 EUR Trinkgeld. Danach bleibt man bis zum letzten Zug am Bahnhof hĂ€ngen und verlĂ€sst diesen ohne Tour. Man fĂ€hrt zum Waffenplatz und wird nach 90 Minuten zur Meinardusstraße besetzt. 4,10 EUR kein Tip. Waffenplatz rappeldicke voll, Marktplatz auch. Am Funk geht eh nichts. Das wars. Bei der in Oldenburg ĂŒblichen Umsatzbeteiligung kommen da ca. 3,60 EUR als Lohn raus. Trinkgeld dazugerechnet und die Pizza abgezogen, ergibt das rund 0 Euro bei fast 7 Stunden Arbeitszeit.
 
Unrealistisch? Albern? Einzelfall? Nein, fĂŒr viele Kollegen ist das der Alltag! Ob unsere Chefs wissen, was das bedeutet? Ob sie wissen, mit welchen GefĂŒhlen der Kollege nach Schichtende ins Bett geht? Und wenn sie es wĂŒssten, wĂŒrden sie dann dem Kollegen am nĂ€chsten Tag noch vorhalten, dass sein Kilometerschnitt aber gestern verdammt schlecht war? „Du musst dir auch MĂŒhe geben ...!“
 
Einige Fahrer werden in den nĂ€chsten Monaten die Konsequenzen ziehen - mĂŒssen. Neben all den Entbehrungen, die dieser Job sonst noch mit sich bringt, können sie die finanzielle Notlage nicht auch noch lĂ€nger auffangen. Die GesprĂ€che, die wir in den letzten Monaten gefĂŒhrt und mit angehört haben, waren zum Teil erschĂŒtternd. Da bahnen sich Tragödien an – wenn nicht jetzt die Reißleine gezogen wird. 
 
Es werden neue Fahrer kommen. Altgediente werden bleiben. DER INNENSPIEGEL als Printausgabe bleibt ebenfalls. Auch wenn schon ein wenig spekuliert wurde. DemnÀchst sollen wir ein bisschen öfter erscheinen? Wie arbeiten dran!
 
Kommt gut durch den Sommer!
 
Eure INNENSPIEGEL-Redaktion

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