Taxitariffreigabe?

Die Deregulierungsbestrebungen in Deutschland als böser Zeitgeist oder als Chance fĂŒr mehr Umsatz

“Taxikrieg” - “Kunden als Freiwild” - “Skrupellose GeschĂ€ftemacherei” -
“Existenzbedrohung”

So oder Ă€hnlich lauteten die Schlagzeilen nicht nur im TaxiblĂ€tterwald, als gegen Ende des Jahres 1999 einige Bundestagsfraktionen das deutsche Taxigewerbe ein wenig genauer unter die Lupe nahmen und sich danach dazu Ă€ußerten. Doch was genau hat ein Großteil der Taxler so in Wallung gebracht, wie es sonst nur eine 5,60 DM-Tour nach 45-minĂŒtiger Standzeit schafft? Lassen wir die Beteiligten zu Wort kommen.

“Einer Liberalisierung steht prinzipiell nichts im Wege. Der Wettbewerb senkt die Preise - die Kunden profitieren davon” so ein Verkehrsexperte der Bundestagsfraktion von BĂŒndnis90/Die GrĂŒnen. Doch nicht nur die Ökos, die doch traditionsgemĂ€ĂŸ immer noch (zu Unrecht) fĂŒr “Feinde” des Gewerbes gehalten werden, wußten Bemerkenswertes zu berichten.

“Auch in Deutschland wird es wie in den anderen EU-Staaten eine Liberalisierung der Fahrpreise im Taxigewerbe geben - so wie es schon die Deregulierungskommission Anfang der 90er Jahre vorgeschlagen hat” sagte der verkehrspolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion. Im Berliner Gewerbe war, wie so oft, der Donnerhall am lautesten: ”Das ist eine Katastrophe, das ist existenzbedrohend. Gibt es einen freien Wettbewerb, wird sich die Preisspirale nach unten drehen” kommentierte der Chef des Berliner Taxi-Verbandes.

Neue Mercedes-Limousine?Gemach, gemach. Fakt ist, daß im Euro-Taxiland dieses Thema zur Zeit ganz heiß diskutiert wird. Und ausgerechnet in dieser Frage soll Deutschland hintenanstehen? SelbstverstĂ€ndlich hat jedes Land seine eigene Taxitradition, doch warum holt man sich nicht Tips und Anregungen von unseren Euronachbarn? Schweden beispielsweise hat seine Taxitarife bereits seit Anfang der 90er Jahre freigegeben und die Anlaufschwierigkeiten schon lange ĂŒberwunden.

Anschauungsunterricht kann man aber noch viel besser bei unseren in vielen Bereichen progressiveren hollĂ€ndischen Nachbarn betreiben. Erst seit Anfang des Jahres sind auch hier jegliche BeschrĂ€nkungen aufgehoben. Und prompt gab es schon den ersten Taxikrieg. So war zumindest fast ĂŒberall zu lesen und zu hören. Doch diese zugegebenermaßen peinlichen und leider gewalttĂ€tigen Auseinandersetzungen zwischen Fahrern konkurrierender Unternehmen haben ihren Ursprung bereits viel frĂŒher und sind wohl auch nur amsterdamspezifisch. In den restlichen Niederlanden scheint es mit der Tariffreigabe keine Probleme zu geben.

Das vielgenannte Argument, daß bei einer Deregulierung hauptsĂ€chlich der Kunde im wahrsten Sinne auf der Strecke bleiben wĂŒrde, ist leider nachvollziehbar. Doch hier muß sich das Gewerbe ganz gewaltig an seine eigene Nase fassen: Eine Erhöhung des Fahrpreises durch “Schummelei” oder “Umwege fahren” muß nicht zwangslĂ€ufig absichtlich geschehen, sondern ergibt sich hĂ€ufig durch die vielerorts immer noch mangelhafte Ausbildung des Fahrpersonals. Bedenken haben auch die vielen Kleinunternehmer (1 bzw. 2 Wagen), die sich durch eine Tariffreigabe in ihrer Existenz bedroht sehen, da ein eventuell stattfindender Preiskampf zu ihren Lasten gehen wĂŒrde.

Die BefĂŒrworter einer Deregulierung halten dagegen. Ein Mitglied im wissenschaftlichen Beirat des Bundesverkehrsministers bringt es auf den Punkt: ”Ich bin gegen geschĂŒtzte Versorgungsbetriebe und sehe nicht ein, daß man fĂŒr ein ungepflegtes, altes Lada-Taxi genausoviel bezahlen muß wie fĂŒr eine neue Mercedes-Limousine”. Davon abgesehen, daß sich dieser Mann jedes Taxi egal wohin leisten könnte, hat er recht. Der Kunde hĂ€tte bei einer Tariffreigabe und einer entsprechenden Preisauszeichnungspflicht mehr Wahlmöglichkeiten; und ein gepflegter Fuhrpark und eine gute Dienstleistung haben sich in unserem Gewerbe noch immer durchgesetzt.
(gl)

Seitenanfang   •   Kontakt   •   Impressum   •   Datenschutz