Eine Großzentrale? Keine Chance!

„Meine Herren, in Oldenburg wird es in einigen Jahren nur noch eine große Zentrale geben  ...“ H.-G. Bartels 1998.

Die Europäische Taximesse im Oktober wies den Weg in die Zukunft: Trotz vieler mittelmäßiger Präsentationen war für die Besucher unübersehbar, daß vollautomatische Zentralenprogramme, satellitenüberwachte  Fahrzeuge oder Flottenmanagement per EDV die wohl zur Zeit angesagtesten Themen in TaxiDeutschland sind. - Ganz TaxiDeutschland? Nein, denn da gibt es noch dieses kleine, unbeugsame Städtchen im Nordwesten, das sich nun anscheinend so gar nicht den neumodischen Trends der Branche unterwerfen möchte.

Drei konkurrierende  Taxizentralen in einer Stadt mit fast 160.000 Einwohnern scheinen auf den ersten Blick zuviel. Man lebt mehr schlecht als recht so nebeneinander her, tut sich nicht allzu weh, streitet sich ab und zu mal ein bißchen und versucht, bei Aufgabe eines Einzel- oder Mehrwagenunternehmens, sich dessen Fahrzeug(e) so schnell und preisgünstig wie möglich unter den Nagel zu reißen. Normaler Konkurrenzkampf, aber alles ganz friedlich und sachlich. Doch der Schein trügt! Für den außenstehenden Betrachter glich der Paukenschlag im August letzten Jahres einem kleinen Erdbeben: Taxi-Müller gab die Zentrale in der Emsstraße auf und schloß sich zwecks Tourenvermittlung der Firma Siemenroth an. Peng! Das saß! Die Taxizentrale im Norden der Stadt  kommt nun der brüchigen Vormachtstellung des altehrwürdigen Taxirings, zumindest was die Anzahl der Fahrzeuge betrifft, gefährlich nahe. Denn der Ring schrumpft schon seit Jahren, und bereits zwei Einzelunternehmer haben sich 1998 der Zentrale Siemenroth angeschlossen. Und wenn man nun bedenkt, daß die oben erwähnten Modernisierungsbewegungen nur erfolgreich sein können, wenn eine Zentrale über so viel angeschlossene Fahrzeuge wie möglich verfügt, fragt man sich schon, was sich da oben an der Haßforter Straße zusammenbraut. Und welche Rolle spielt dabei Ihre Taxenzentrale, die Nummer 1 in der Mellumstraße? Bekannt sind die guten Kontakte zwischen Horst Kalinke und Hans-Jürgen Hartung, der sich mit seiner Firma schon vor Jahren aufs Glatteis der Datenautobahn begeben hatte. Die von beiden im Februar 2000 gegründete Arbeitsgemeinschaft Oldenburger Taxiunternehmer scheint zumindest in diesem Zusammenhang nicht der befürchtete Zug nach Nirgendwo zu werden. Der Nebel klart auf...! Au weia, mag da der Chef des Taxirings denken.

Doch ist diese mögliche Zusammenlegung zu einer großen, angeblich leistungsstärkeren Taxizentrale überhaupt sinnvoll in einer  Stadt wie Oldenburg? Haben die Fahrer/innen überhaupt ein Interesse daran, ihre bisher eigentlich recht erfolgreichen Arbeitsweisen umzustellen?
Fakt ist, daß es nicht einfach reicht, Datenfunk und/oder vollautomatische Zentralenprogramme von heute auf morgen mal so mir nichts dir nichts einzuführen. Die Berliner Taxiszene zeigt warum:
Die diversen Funkzentralen, immerhin von wahrlich beeindruckender Größe, suchen in den verschiedenen Fachblättern immer wieder händeringend nach neuen Unternehmern, um die Vorteile der jeweiligen vollautomatischen Systeme effektiver ausnutzen zu können. Es gibt  offensichtlich große Probleme, die den Kunden versprochenen, qualitativen Verbesserungen wie Schnelligkeit, Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit einzuhalten. Und darf man den Berichten trauen, so liegt das zu großen Teilen daran (Achtung! Festhalten!), daß sich wohl zu viele Fahrer/innen einfach aus dem Funkbetrieb ausklinken und beispielsweise Einsteiger fahren. Nicht zu unterschätzen sind hier auch die Handytouren.

Oldenburg und Berlin?  Äpfel mit Birnen vergleichen? Nun, ganz so abwegig ist der Vergleich dann doch nicht! Seit Jahren ist in Oldenburg die Tendenz zu beobachten, daß sich die örtlichen Taxifahrer/innen vornehmlich an den vermeintlich so einsteigerintensiven Ständen wie Waffenplatz, Marktplatz und Bahnhof aufhalten. Dazu kommt noch der Pferdemarkt, damit ist aber auch die City ausreichend eingekreist. Die Außenstände hingegen verwaisen immer mehr.
Sicherlich hat das was damit zu tun, daß in den letzten Jahren die Tourenlage insgesamt nicht besonders üppig gewesen ist und man sich auf die verbleibenden Einsteiger gestürzt hat. Tagsüber kommen noch  das EV und das Pius dazu, so daß sich der/die Einzelne gerne am Pferdemarkt oder Waffenplatz aufhält, um vielleicht die „ganz große Tour“ zu fahren. Doch mit dieser ach so lieb gewonnenen Arbeitsweise  verpuffen die oft so vielgepriesenen Wunderdinge des Computerzeitalters für unser Gewerbe gänzlich: Denn nur, wenn jede/r extrem funkorientiert fährt, sind die beabsichtigten, qualitativen Verbesserungen zu erreichen. Und selbst dann ist noch kein einziger Neukunde hinzugewonnen, da Datenfunk als Serviceplus für potentielle Kunden in der Taxidienstleistungswüste Oldenburg kein Selbstläufer ist.
Hierbei spielen auch die örtlichen  Funkmietwagenfirmen eine wichtige Rolle, da sie sich naturgemäß stärker um die Telefonkundschaft kümmern und somit einen Großteil dieser fahren. Gerade die Mietwagen haben sich durch  einfache, aber sehr effektive Methoden (Telefonisches Durchklingeln, wenn der bestellte Wagen vor der Haustür steht) einen guten (Service-)Ruf erworben, ohne dabei ausschließlich auf die Karte Datenfunk zu  setzten. Am weitesten gehen dabei noch „Die Schwarzen“, die wohl (recht) konsequent ihre Touren über den Datenkanal in die Fahrzeuge schicken. Sicher nicht, weil die Anzahl der Touren und die eingesetzten Fahrzeuge dieses zwingend notwendig machen, sondern vielleicht, um die eigene „Kundendatei“ vor Ãœbergriffen zu schützen. Ein nicht zu unterschätzender Vorteil des Datenfunks. Ein Mitarbeiter der Firma Hatscher meinte zu diesem Thema: „Wenns bei uns denn mal funktioniert, ist es keine schlechte Sache.“ Wenn, ja wenn! 
Viele Zentralen in Deutschland haben die vollautomatische Tourenvermittlung bereits eingeführt und sind damit bestens zufrieden. Ebenso viele klagen aber lange nach der Einführung immer wieder über technische Schwierigkeiten und müssen auch weiterhin gleichzeitig mit einem „Sabbelfunkkanal“ arbeiten. Die Menge an Anbietern solcher Programme und deren technische Umsetzung ist recht groß. Und Konkurrenz belebt bekanntlich das Geschäft und senkt vor allem den Preis. Nur wer am falschen Ende spart, erlebt ein böses Erwachen. Doch genau diese Tendenz haben Oldenburger Taxiunternehmer. Sie gelten als sehr preisbewußt; böse Zungen behaupten sogar, sie seien geizig. Schließlich erhoffen sich die oftmals selbstfahrenden Unternehmer durch eine Zentralenkonzentration geringere Anschlußgebühren. Denn auch hier gilt: Je größer die Zentrale, desto geringer die Kosten.
Selbstverständlich möchte jeder Taxiunternehmer sein/e Fahrzeug/e optimal besetzen, strebt die absolut gerechte Tourenverteilung an, würde sich freuen, wenn der/die Fahrer/in fährt und fährt und fährt...  und der Wecker immer läuft. Immer läuft? Genau! Für viele von uns ist das Fahren mit Sitzkontakten zur Gewohnheit geworden. Fast genauso viele müssen noch nicht mit einer Zwangsschaltung leben. Doch das  könnte sich sehr schnell ändern. Denn eine Tourenverteilung per Computer ist fast zwingend auf eine Kennzeichnung von freien und besetzten Fahrzeugen angewiesen. Sitzkontakte für alle lautet deshalb die  Erfolgsformel. Doch wer von den noch reichlich vorhandenen Freibeutern (und die Betonung liegt auf frei!) hat denn schon Lust auf die totale Ãœberwachung? Die bereits angesprochenen liebgewonnenen  Arbeitsweisen aufgeben für elektronische Systeme, für die Oldenburg zu provinziell, die Tourenlage nicht ausreichend und die Zentralen (trotz anderslautender Gerüchte) zu klein sind? Eine Glaubensfrage! 
Fest steht, daß alle Oldenburger Unternehmen eher in die Ausbildung ihres Personals (Fahrer/innen und  Zentralisten/innen) investieren sollten. Denn gut ausgebildetes Personal bietet bessere Dienstleistung.
Aber das ist doch allen klar!? Oder?

(gl)

 

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