“Ihr könnt mich mal ...”

Anläßlich des Titelthemas führte die Redaktion am 4.12.2000 ein Interview mit Jürgen Weber, Chef von Taxi-Müller

Warum haben Sie im letzten Jahr Ihre Zentrale und damit Ihre Unabhängigkeit aufgegeben?
Ich denke, wir können offen darüber  reden: Das Betreiben einer Zentrale war in der Größenordnung meines Unternehmens unwirtschaftlich.
Die gemeinsame Zentrale Siemenroth/Müller eine reine Zweckgemeinschaft?
Die Kontakte zu Siemenroth bestehen seit 20 Jahren, als ich noch als Einzelunternehmer auf deren Funk fuhr. Mein freundschaftliches Verhältnis zu Horst Kalinke brach nie ab, was die Sache vereinfachte. Vorherige Verhandlungen mit  anderen Zentralen scheiterten.
Mit wem haben Sie verhandelt?
Vor Jahren einmal mit dem Taxiring. Es kam aber zu keiner Einigung, wobei ich die Gründe nicht näher erläutern möchte ...
Zufrieden mit der Zusammenarbeit mit Siemenroth?
Sehr. Das Konzept ist voll aufgegangen.
Wie sah denn das Konzept aus?
Es ging vorrangig darum, die Betriebskosten zu senken. Das heißt, den Fahrzeugeinsatz zu optimieren; weniger Leerkilometer heißt Kostensenkung. Nicht zuletzt  ergibt sich daraus, daß wir unsere Kunden schneller bedienen können! Und die Fahrer, auch wenn einige von ihnen es nicht zugeben wollen, verdienen mehr Geld!
Alles ganz reibungslos?
Natürlich nicht! Es gab und gibt immer Kollegen, die sich nicht  aufs Fell gucken können. Aber Kabbeleien sind Einzelfälle und bald Schnee von gestern. Bedauerlich ist sicher, daß Fahrer wegen des Zusammenschlusses gekündigt haben.
Anderes Thema: Vollautomatische Zentralenprogramme liegen bei Ihnen angeblich in der Schublade.
Datenfunk wird mittelfristig für alle Zentralen zur Notwendigkeit, und die Systeme sind jetzt endlich bezahlbar. Auch bei uns wird das Nötige getan! Ich favorisiere ohnehin eine große Zentrale für Oldenburg.
Wie stehn die Chancen dafür?
Null.
Warum?
Die Führungen der einzelnen Unternehmen sind zur Zeit das größte Hindernis. Ich selbst habe bei dem gemeinsamen Aufbau von “Ihre Taxenzentrale” gemerkt, daß Probleme dabei auftreten können, die zu einer Trennung führen. Dieses war 1991 der Fall.
Je größer - je effektiver? Wer kauft Taxen Plate?
Davon habe ich noch gar nichts gehört!?
Das kommt aus erster Hand!
Das ist ja interessant! Aber es gibt in Oldenburg nur Einen, der kauft! (Hartung? A. d. R.) Ich nicht, es sei denn, am Samstag kommen meine Zahlen ... Aber auch dann nicht (lacht). In der Bescheidenheit liegt die Größe.
Weiter im Text: Durch Datenfunk wird die Fahrerüberwachung steigen.
Ich  möchte schon wissen, wann welches Fahrzeug sich wo aufhält, um ganz einfach besser zu disponieren.
Können Sie den Unmut einiger FahrerInnen diesbezüglich dennoch verstehen?
Ich kann das nachvollziehen. Wissen Sie, während meines Studiums bin ich LKW gefahren und war heilfroh, wenn ich nach den ganzen Anweisungen meines Chefs, was ich alles zu tun oder zu lassen habe, vom Hof rollte und nur noch dachte: “Ihr könnt mich mal ...”
So, so ...
Im Ernst: Wir müssen dem Fahrer dieses Freiheitsgefühl lassen, daß er das Unternehmen trägt. Denn wenn niemand diesen Job mehr macht, kann ich die Tür abschließen und nach Hause gehen. Unzufriedene Siemenroth- und Müller-FahrerInnen haben nun die Möglichkeit, die Firma zu wechseln und trotzdem beim vertrauten Funk zu bleiben. Zweimal ist das bereits geschehen.
Konfliktstoff?
Nicht, wenn darüber gesprochen wird - und das machen Horst Kalinke und ich.
Was ist aus den bei Ihnen angestellten Zentralisten geworden?
Alle bekamen das Angebot, weiter in der Zentrale zu arbeiten, aber nicht unbedingt im gleichen Umfang wie bisher. Ein Zentralist verließ leider die Firma.
Zum Abschluß: Wohin führt der Weg der Firma Müller?
Weniger Streß, mehr Ruhe! Unwirtschaftliche Projekte möchte ich mir nicht  mehr ans Bein binden! Deshalb habe ich den unbefristeten Vertrag mit der NWZ gekündigt; bei den Schultouren habe ich kein neues Angebot abgegeben. Den Posttouren trauere ich ein wenig nach. Aber die Belastung war gerade den Fahrerinnen nicht mehr zuzumuten. Vielmehr geht es darum, andere Bereiche aufzubauen. Beispielsweise die Beförderung behinderter Menschen in speziell dafür ausgerüsteten Fahrzeugen, wie unserer V-Klasse. Ansonsten führt der Weg doch ganz klar in den nächsten Innenspiegel. Oder?
Herr Weber, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.

 

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