Fünf Jahre Haft für Überfall auf Taxifahrer

Am 22. Februar verurteilte das Amtsgericht Oldenburg einen 18-jährigen Litauer zu einer Jugend-Haftstrafe von 5 Jahren. Er hatte am 1. September 2000 in WHV den Fahrer von Wagen 108 Hinzmann, überfallen und mit  einem Messer durch mehrere Stiche in den Oberkörper lebensgefährlich verletzt (siehe auch DER INNENSPIEGEL Ausgabe 2 und 3).

Nach insgesamt 4 Verhandlungstagen schloß sich das Gericht weitestgehend dem Antrag der Staatsanwaltschaft an und verkündete ein Urteil, das einigen Beobachtern des Verfahrens, die aus dem Taxiumfeld stammen, ein wenig zu mild vorkam.

Dabei bot doch der Ablauf der Verhandlungstage wenig Anlaß für Ãœberraschungen. Klaus  Hinzmann gab am 1. Verhandlungstag eine ausführliche Beschreibung des Tathergangs mit Beginn am Oldenburger Bahnhof bis hin zum Lappan, wo der junge Litauer kurz ausstieg, um irgend etwas zu erledigen. Danach setzten die Beiden ihre Fahrt nach WHV fort. Wichtig bei dieser Schilderung war sicherlich auch die Anmerkung des Fahrers, daß er von einer Trunkenheit seines Fahrgasts nichts bemerkt habe. Diese Aussage stand allerdings im Gegensatz zu der Aussage eines Polizisten, der bei der kurz nach der schrecklichen Tat erfolgten Verhaftung des 18-jährigen anwesend war. Dieser merkte nämlich an, daß es schon  ungewöhnlich sei, außerhalb eines Fahrzeugs die Alkoholfahne einer Person so deutlich riechen zu können wie in diesem Fall.

Der Angeklagte, der zu Beginn der Verhandlung noch jegliche Aussage  verweigerte, meldete sich am dritten Verhandlungstag doch noch zu Wort. Er berief sich auf eine Notwehrtat, da der Taxifahrer ihm, während sie sich in der Sackgasse des Tatorts befanden, in den Nacken  gegriffen habe. Danach hätte er mit dem Messer zugestochen. Eine Aussage, der weder Staatsanwaltschaft noch Richter bei der Urteilsfindung irgendeinen Wert beimaßen.

Das Plädoyer der Staatsanwältin am letzten Verhandlungstag war klar und eindeutig und beinhaltete die Forderung nach einer Haftstrafe von 5½ Jahren für den Angeklagten. Ein versuchter Mord war es aufgrund der fehlenden Heimtücke nach ihrer Ansicht nicht. Die Tat wurde u.a. wegen der gewaltsamen Weigerung, die Restsumme von knapp 30 DM zu zahlen, als gefährliche Körperverletzung in Tateinheit mit räuberischer Erpressung und einem räuberischen Angriff auf einen Kraftfahrer eingestuft. Der Anwalt des als Nebenkläger auftretenden Klaus Hinzmann schloß sich diesen Ausführungen weitestgehend an.

Kurz vor der Urteilsverkündung ergriff der Angeklagte doch noch das Wort, und entschuldigte  sich für seine Tat. Ein Umstand, der möglicherweise die Richter dazu bewogen hat, im Strafmaß doch nicht ganz der Staatsanwaltschaft  zu folgen. Das Urteil lautete schließlich auf 5 Jahre Haft.
(jr/gl)

Kommentar:

Der Schuß nach hinten

5 Jahre! Sind das wirklich zuwenig?

Ich denke, das Urteil geht in Ordnung. Es ist zu bedenken, daß nach dem Jugendstrafrecht geurteilt wurde. Hier sind nicht ganz so  hohe Strafen möglich wie im Erwachsenenstrafrecht.

Die Verteidigung versuchte, dem Fahrer den Schwarzen Peter zuzuschieben, indem belegt werden sollte, daß die Auseinandersetzung im Wagen erst begonnen sei, nachdem er dem Angeklagten in den Nacken gegriffen habe. Der Richter folgte aber in allen Punkten den Schilderungen des erfahrenen Taxifahrers, wonach der Überfall unerwartet erfolgt sei.

Das verkündete Strafmaß liegt dicht unter den  geforderten 5½ Jahren der Staatsanwaltschaft. Da ein psychologisches Gutachten dem Angeklagten eine sehr schlechte Sozialprognose ausstellte, ist davon auszugehen, daß der Täter die Strafe voll absitzen muß.

Und wenn der Fahrer doch als erster handgreiflich geworden sein sollte (wie gesagt, er bestreitet das)? Spielt das wirklich eine Rolle? Man sollte nicht vergessen, daß nicht der Fahrer sondern der Fahrgast das Messer in der Hand führte. Ich kann mir keinen Grund denken, der das Mitführen eines Messers im Taxi notwendig machen könnte.

Doch dieser Ãœberfall zeigt:

    Erfahrung und Souveränität schützen nicht immer vor Übergriffen.
     Bessere Ãœberwachungs- und Alarmsysteme könnten aber zumindest die Folgen mildern.

    Wer eine Waffe dabei hat, benutzt sie eines Tages auch.
    Das gilt übrigens durchaus auch für bewaffnete Taxifahrer. Und dann kann der Schuß im wahrsten Sinne des Wortes nach hinten losgehen. 

(jr)
 

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